Biodiversität und Ernährungssicherheit

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Es gibt viele Gründe, wieso wir die Biodiversität fördern und die Natur schützen sollten. Die Natur inspiriert seit jeher Künstler:innen, wenn sie Bilder malen, Lieder komponieren oder Gedichte schreiben. Die Natur dient uns als Rückzugsort, wenn wir vom Alltag gestresst sind. Und die Natur dient Wissenschaftler:innen als Inspiration, wenn sie neue Technologien und Medikamente erforschen, um unser Leben auf diesem Planeten zu verbessern.

Abgesehen von diesen nicht-plastischen Ressourcen übernimmt die Natur viele weitere überlebenswichtige Aufgaben für unseren Planeten: Die sogenannten Ökosystemdienstleistungen.

Eine gesunde und biodiverse Natur reinigt die Luft, speichert Wasser und sorgt für ein stabiles Klima. Auch bei der Lebensmittelproduktion spielen Ökosystemdienstleistungen eine wichtige Rolle. Dies gewinnt zunehmend an Relevanz, da die Weltbevölkerung so schnell wächst und immer mehr Menschen mit Nahrungsmitteln versorgt werden müssen.

Beim offenen Treffen der IHK-Netzwerke Gesellschaftliche Verantwortung und Gastgewerbe auf der Bundesgartenschau in Mannheim durften wir zu diesem Thema einen Vortrag halten. Das Transkript des Vortrags könnt ihr im Folgenden nachlesen.

Was ist Biodiversität?

Bevor wir uns den praktischen Aspekten widmen, müssen wir zunächst etwas Theorie durchkauen, da der Begriff „Biodiversität“ in der Wissenschaft nicht ganz unumstritten ist. Die gängigste Definition des Begriffs „Biodiversität“ wurde 1992 von der Convention on Biological Diversity geprägt:

„Biodiversität bedeutet […] die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme“

Zugegeben: Elegant ist anders. Selbst Biodiversitäts-Enthusiasten müssen hier gestehen, dass diese Definition klobig, wenn nicht sogar abschreckend ist. Dabei wäre es eigentlich gar nicht so schwer, den Begriff für Laien verständlich zu machen.

Biodiversität ist ein neudeutscher Begriff für „Artenvielfalt“. Also: Die Vielfalt zwischen den Arten. Biodiversität beschreibt also zunächst die Vielfalt zwischen Tierspezies, wie zwischen Hunden und Katzen. Biodiversität geht aber noch weiter und subsumiert auch die Vielfalt innerhalb einer Spezies. So gibt es Auerhühner, Amseln und Adler. Biodiversität meint also nicht nur die Vielfalt von Arten, sondern auch die Vielfalt innerhalb von Arten.

Außerdem meint Biodiversität auch die Vielfalt von ganzen Ökosystemen. So ist das Great Barrier Reef in Australien genauso Teil der Biodiversität wie die Sahara, wo Pflanzen und Tierarten mit weniger als 45 mm Niederschlag im Jahr zurechtkommen müssen. Und natürlich zählen die großen Artenvielfalt-Hotspots wie die Regenwälder im Amazonas oder im Kongobecken zur Biodiversität – genauso wie der Odenwald oder der Pfälzer Wald.

Kurzum: Die Biodiversität beschreibt alles biotische Leben auf der Erde. Von den großen Säugetieren, wie den Elefanten in der afrikanischen Savanne, bis hin zum Bachsaibling, der in Gebirgsbächen des Alpenvorlands lebt. Vom Eisvogel bis zur Stadttaube; vom Klatschmohn bis zum Mammutbaum; von der Honigbiene bis zur Vogelspinne; und vom Bakterium bis hin zum Virus: Biodiversität umfasst alles, was auf diesem Planeten in irgendeiner Form lebt.

Umso erschreckender ist es, wenn wir uns die aktuellen Zahlen aus der Biodiversitäts-Forschung ansehen: In den letzten 50 Jahren sind rund 68 Prozent aller wild lebenden Tierarten auf der Welt ausgestorben. Diese Entwicklung wird die „Biodiversitätskrise“ genannt, da es ein noch nie dagewesenes Massensterben in der Erdgeschichte markiert.

Weltweiter Artenverlust in den letzten 50 Jahren

„Halt!“, mögen vielleicht einige jetzt rufen, die sich mit der Erdgeschichte auskennen, oder Jurassic Park gesehen haben. „Massensterben gab es schon öfter auf diesem Planeten!“ Und da habt ihr vollkommen recht!

Massensterben des biotischen Lebens sind nichts Neues in der Erdgeschichte. Schon fünf Mal kam es zur beinahe Ausrottung des Lebens auf der Erde:

CNX OpenStax, CC BY 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/4.0>, via Wikimedia Commons

 

Vor etwa 445 Millionen Jahren – im End-Ordovizium – sind etwa 85 Prozent aller Lebewesen ausgestorben, weil es durch Plattentektonische Bewegungen zu einer Eiszeit kam und der Meeresspiegel dadurch drastisch sank.

Dann, vor ungefähr 370 Millionen Jahren, kam es zum zweiten großen Massensterben der Erdgeschichte. Bis heute weiß man nicht so hundertprozentig genau, wieso dreiviertel aller Lebewesen ausgestorben sind, aber Forschende vermuten, dass es wahrscheinlich mit einem Vulkanausbruch, einem Meteoriteneinschlag oder einer erdnahen Supernova zu tun hatte.

Das dritte große Massensterben fand vor etwa 250 Millionen Jahren statt, als knapp 90 Prozent aller Lebewesen durch die Folgen eines Vulkanausbruchs ausgestorben sind. Meerestiere, Landtiere und sogar Insekten verschwanden fast vollständig von der Erdoberfläche, da ein Vulkan in Sibirien mehrere hunderttausend Jahre Lava spuckte.

50 Millionen Jahre später kam es schon wieder zu einem massiven Vulkanausbruch, an dessen Folgen etwa 75 Prozent aller Lebewesen krepierten.

Und – almost last but not least – das Massensterben vor 66 Millionen Jahren, als rund 60 Prozent aller Lebewesen ausstarben, als ein Asteroid mit ca. 15 Kilometern Durchmesser auf die Erde prallte – also etwa die Distanz zwischen Mannheim und Heidelberg.

Wir sind uns einig: Massensterben sind nichts Neues in der Erdgeschichte. Doch im Gegensatz zu den historischen Massensterben gibt es bei der heutigen Biodiversitätskrise einige Besonderheiten. So betrifft das heutige Massensterben nicht alle Lebewesen auf unserem Planeten – denn die reine Biomasse an Tieren ist heute so hoch wie nie. Das mag im ersten Moment gut klingen. Dringt man etwas tiefer in die Materie ein, sieht man allerdings schnell, dass diese Kennzahl durch die Lebensweise des Homo sapiens verfälscht wird.

Denn die heutige Biomasse der Subgruppe von Säugetieren besteht zu 34 Prozent aus uns Menschen und zu 62 Prozent aus Nutztieren, wie Rindern, Schweinen und Schafen. Das bedeutet, dass nur 4 Prozent aller Säugetiere auf diesem Planeten in freier Wildbahn leben. Sage und schreibe 68 Prozent aller wild lebenden Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien und Reptilien sind seit 1970 ausgestorben. Bei Insekten ist die Lage noch dramatischer: Hier sind – allein in Deutschland – 75 Prozent der Insekten seit 1989 ausgestorben.

Und kommen wir nun zum Elefanten im Raum: Im Gegensatz zu den vergangenen Massensterben lässt sich mit hoher Sicherheit sagen, dass die heutige Biodiversitätskrise auf den Menschen zurückzuführen ist. Wir können keinen Vulkanausbruch, keine Plattentektonische Bewegung und keinen Asteroideneinschlag für die heutige Lage verantwortlich machen – sondern müssen uns an die eigene Nase fassen und Verantwortung übernehmen. Aber die gute Nachricht lautet: Es ist noch nicht zu spät. Wir stehen noch am Anfang des Massensterbens und es gibt noch Hoffnung, dass wir das Ruder herumreißen.

Gründe für die heutige Biodiversitätskrise

Damit wir uns dieser Herausforderung stellen können, müssen wir zunächst einmal differenzieren, was die genauen Ursachen für die Biodiversitätskrise sind. In der Wissenschaft herrscht der Konsens, dass man das heutige Massensterben auf drei große Faktoren zurückführen kann: Die Zerstörung von Lebensraum, die Verschleppung invasiver Arten und Umweltverschmutzung.

Die Zerstörung von Lebensraum hat viele Gesichter: von der Abholzung des Amazonas in Brasilien bis hin zur Rheindammsanierung in Mannheim. Überall auf der Welt werden bestehende Ökosysteme zerstört, um landwirtschaftliche Flächen zu kreieren oder um die Infrastruktur auszubauen. Hier bedarf es clevere Ansätze, die kompatibel mit Wirtschaft, Umwelt und Sozialpolitik sind.

Zweitens ist die Verschleppung invasiver Arten ein massiver Treiber der Biodiversitätskrise, wie beispielsweise Nutria, die vor etwa 100 Jahren für die Pelzproduktion nach Deutschland importiert wurden.

Nutria sind invasive Tiere
Nutrias sind eine invasive Art, die heimische Ökosysteme gefährden.

 

Auch wenn das Exemplar auf dem Foto ganz niedlich aussieht, belasten Nutrias heimische Ökosysteme, indem sie Dämme von heimischen Bibern zerstören und anderen Tieren die Nahrung wegschnappen.

Drittens spielt natürlich auch die Verschmutzung der Umwelt eine große Rolle in der Biodiversitätskrise. Die Vermüllung der Meere, die Belastung von Böden durch Pestizide und Düngemittel und auch das steigende CO₂ Niveau in der Atmosphäre machen unseren Planeten lebensfeindlicher und beschleunigen somit die Biodiversitätskrise. Klimakrise und Biodiversitätskrise sind nämlich keine gesonderten Phänomene und müssen daher holistisch angegangen werden.

Welche Rolle spielt die Biodiversität in der Lebensmittelproduktion?

Seit dem Anbeginn der Zeit ist der Mensch auf eine gesunde und vielfältige Natur angewiesen. Die Natur dienst als Quelle der ästhetischen und spirituellen Inspiration und ist natürlich auch ein freizeitlicher Rückzugsort. Des Weiteren schöpft der Mensch Inspiration aus der Natur, um Innovationen zu schaffen. Hier sollten wir an all die Medikamente oder technischen Errungenschaften denken, deren Prinzip erstmals in der Natur entdeckt wurde. Und natürlich versorgt uns die Natur mit Ressourcen wie Holz, Fisch und anderen Nahrungsmitteln, ohne die wir unseren heutigen Lebensstandard nicht halten könnten.

Abgesehen von diesen sentimentalen und plastischen Ressourcen versorgt uns eine gesunde Natur mit sogenannten Ökosystemdienstleistungen. Diese spielen sich oft im Hintergrund ab, sodass wir sie für selbstverständlich erachten. Wenn diese Ökosystemdienstleistungen plötzlich nicht mehr so funktionieren, wie sie sollen, macht sich dies aber schnell bemerkbar. Und durch den Verlust von Arten werden ebendiese Ökosystemdienstleistungen immer instabiler, da ihr Fundament zu bröckeln beginnt.

  • Gesunde Ökosysteme sorgen dafür, dass der Boden mehr Wasser speichert und Überschwemmungen abgemildert werden.
  • Gesunde Ökosysteme sorgen dafür, dass wir saubere Luft zum Atmen haben.
  • Gesunde Ökosysteme sorgen dafür, dass unser Klima stabil bleibt und wir unseren heutigen Lebensstil halten können.
  • Gesunde Ökosysteme sorgen dafür, dass Biomasse produziert, Nährstoffe recycelt und Pflanzen bestäubt werden, damit wir genug Nahrung für die immer schneller wachsende Weltbevölkerung produzieren können.

Im Kern ist unser aller Leben auf funktionierende Ökosystemdienstleistungen angewiesen, deren Fundament wiederum eine gesunde und artenreiche Natur ist.

Ökosystemdienstleistungen und der Apfelbaum

Selbst unser bescheidener Apfelbaum auf der Streuobstwiese benötigt eine Vielzahl von in sich verzahnten Ökosystemdienstleistungen, bis er uns mit einem wohlschmeckenden Apfel versorgt.

Damit der Kern eines Apfels keimen kann, benötigt er einen gesunden Boden mit einer bestimmten Konzentration an Nährstoffen. So sorgen Bakterien dafür, dass genug – aber nicht zu viel – Stickstoff im Boden gebunden wird, während Würmer und andere Insekten den Boden auflockern, sodass die zarten Wurzeln des Keimlings Halt finden.

Ökosystemdienstleistungen und der Apfelbaum

Wenn nach einigen Jahren aus einem Keimling ein Baum geworden ist, bestäuben unsere Bienen, Hummeln und Schmetterlinge die Blüten des Apfelbaums. Ohne diese Bestäubungsdienstleistung von Insekten müssten wir Menschen die Blüten des Apfelbaums in mühseliger Arbeit bestäuben.

Auch bei der Fortpflanzung des Apfelbaums spielt die Biodiversität eine Rolle, wenn Vögel und andere Wirbeltiere die gefressenen Apfelkerne an anderen Orten wieder ausscheiden.

Und die Äpfel, die nicht von uns oder anderen Tieren verzehrt werden, landen auf der Streuobstwiese, wo sie von Pilzen zersetzt werden und dem Boden wieder wichtige Nährstoffe zufügen, sodass der Apfelbaum im nächsten Jahr wieder Früchte trägt.

Selbst dieses einfache Beispiel zeigt den in sich perfekten Kreislauf der Natur, der durch Ökosystemdienstleistungen am Laufen gehalten wird. Fällt eine oder gar mehrere Ökosystemdienstleistungen aus, müssten wir Menschen diese Aufgaben übernehmen. Dies wäre mit solchen horrenden Kosten verbunden, dass sie praktisch unmöglich wären. Der Wegfall von Ökosystemdienstleistungen kann also oft irreversibel angesehen werden.

Ernährungssicherheit und Ökosystemdienstleistunen

Im Kontext von Ernährungssicherheit ist nicht nur die Obst- und Gemüseproduktion auf funktionierende Ökosystemdienstleistungen angewiesen. Nach Schätzungen des WWF sind rund 3 Milliarden Menschen weltweit auf Lebensmittel aus der Fischerei angewiesen.

Dank der Ökosystemdienstleistungen in intakten Mangrovenwäldern wird das Wasser filtriert, sodass die Fischpopulationen hier größer sind. Und gesunde Korallenriffe – oder sogar schnöde Seegrasbetten – werden von vielen Fischarten als Laichplätze benötigt.

Zurück an Land sind es nicht nur Obst- und Gemüsepflanzen, die auf eine hohe Biodiversität angewiesen sind. So haben Studien gezeigt, dass Getreidearten, die eine hohe genetische Vielfalt aufweisen, resilienter gegenüber Schädlingen, Krankheiten und Klimaveränderungen sind.

Die Natur hält noch viele Geheimnisse in den genetischen Codes von Hülsenfrüchten, Getreidesorten, Insekten, Bakterien und Pilzen. Diese noch nicht entdeckten genetischen Ressourcen haben das Potential die Lebensmittelproduktion effizienter, resilienter und ertragreicher zu machen – sie müssen nur noch entdeckt werden. Deshalb ist es für alle zukünftigen Bio-Entrepreneure umso schrecklicher, dass dieser unausgeschöpfte Pool an genetischen Innovationen so schnell schrumpft. Seit Millionen von Jahren werden diese Geheimnisse der Natur durch die Evolution optimiert – wir sollten dankbar sein für diese Vorarbeit, statt mit ihr so sorglos umzugehen.

Die Biodiversität ist also erstens die Basis für das Fortbestehen von Ökosystemen

Um es kurz zusammenzufassen: Sie können sich die Biodiversität wie das Netz eines Traumfängers vorstellen: Jeder Knoten repräsentiert eine Tier- oder Pflanzenart. Je mehr Knoten ein Netz hat, desto stabiler ist das gesamte Ökosystem. Ein Netz, indem wir viele Knoten durchschneiden, verliert seine Funktionstüchtigkeit und es fallen immer mehr Dinge hindurch, bis es schließlich in sich zusammenklappt.

  • Die Biodiversität ist also erstens die Basis für das Fortbestehen von Ökosystemen.
  • Zweitens ist die Biodiversität die Basis für das Funktionieren von Ökosystemdienstleistungen.
  • Drittens ist die Biodiversität die Basis für ein nachhaltiges Ressourcen Management.
  • Und viertens ist die Biodiversität die Basis für die natürliche Evolution von Organismen, die sich ganz ohne menschliche Intervention an klimatische Veränderungen anpassen.

 

Wie können wir die Biodiversität schützen und fördern?

Naturschutzgebiete sind ein Refugium für die Tierwelt.

Zugegeben, die Zahlen erscheinen ziemlich überwältigend: 68-prozentiger Verlust der Artenvielfalt bei Säugetieren; 75-prozentiger Verlust von Insekten – größtes Massesterben seit Jurassic Park.

Doch es gibt Grund zur Hoffnung: Schon jetzt hat sich gezeigt, dass Biodiversitätsfördernde Maßnahmen helfen und den Rückgang abmildern. Zum Abschluss möchte ich einige dieser Maßnahmen vorstellen, sodass auch du aktiv werden kannst, um die Artenvielfalt hier und auf der ganzen Welt zu fördern. Und die gute Nachricht lautet: Die Formel, um die Welt zu retten, ist relativ simpel.

Die erste Variable in dieser Formel lautet: Wir müssen bestehenden Lebensraum schützen. Ob das am Rheindamm in Mannheim ist, oder im Amazonas in Brasilien: Gesunde Ökosysteme mit einer hohen Artenvielfalt müssen geschützt werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies natürlich, dass es noch weniger Fläche für Wohnungen, Industrie oder Handel gibt. Daher müssen clevere Lösungen her, wie wir bestehende Gebäude aufstocken oder neue Gebäude in Ökosysteme einbetten können, ohne diese gänzlich zu zerstören.

Die zweite Variable in unserer Welt-Rettungs-Formel ist: Neuen Lebensraum zu schaffen. Damit sind natürlich die traditionellen Naturschutzgebiete gemeint, die ein Refugium für die Tierwelt sind.

Aber Lebensraum kann auch in „arbeitenden Flächen“ geschaffen werden. Beispielsweise indem wir Seitenstreifen der Straßen begrünen, oder Blühstreifen in landwirtschaftlichen Flächen einführen. Das mag im ersten Moment etwas antiklimaktisch klingen, allerdings zeigen neueste Studien, dass sich Wildbienenpopulationen erholen, wo Landwirte Blühstreifen angelegt haben.

Dies erfüllt nicht nur das Herz von Naturschützern, sondern erfreut auch den Landwirt, der jetzt von einer natürlichen Schädlingsbekämpfung profitiert und dessen Pflanzen besser bestäubt werden. Um neuen Lebensraum in landwirtschaftlichen Flächen zu schaffen, muss aber grundsätzlich der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln reduziert werden, um Lebewesen in Luft, Boden und Grundwasser zu schonen.

Die Umsetzung der letzten Variable in unserer Welt-Rettungs-Formel ist vielleicht die komplexeste Aufgabe. Damit die eben genannten Maßnahmen umgesetzt werden können, bedarf es eine breite Unterstützung in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft.

Wir bei Bee friendly glauben daran, dass dieser gesellschaftliche Wertewandel nicht durch Belehrung, Verbote oder sich-auf-die-Straße-kleben geschehen wird. Wir sind Verfechter eines optimistischen Naturschutzes, den wir in den Alltag von Bürgerinnen und Bürgern integrieren wollen. Durch das Anlegen von Wildblumenwiesen oder das Basteln von Bienenhotels im Kindergarten können erste Berührungspunkte mit der Natur und der Biodiversität geschaffen werden.

Durch die sogenannten „CleanUps“ mit der Surfrider Foundation wird ein Bewusstsein für Müllproblematiken geschaffen, ganz ohne mit erhobenen Finger die Menschen zu belehren. Und durch das Aufstellen von Wildbienen Nisthilfen an prominenten Orten, werden Themen wie das Insektensterben in das öffentliche Auge gerückt. So wird Naturschutz in den Alltag integriert und mit etwas Glück ein Wertewandel in der Gesellschaft bewirkt.

Eigentlich ist es also ganz einfach, die Biodiversität zu bewahren und damit die Ökosystemdienstleistungen aufrechtzuerhalten, die unsere Ernährungssicherheit garantieren. Doch wenn wir bestehenden Lebensraum schützen und neuen Lebensraum schaffen wollen, müssen die damit einhergehenden Kosten von der Gesellschaft akzeptiert und getragen werden. Dies wird nur möglich sein, wenn es einen gesellschaftlichen Wertewandel hinzu mehr Naturschutz gibt. Statt Verbote und Belehrungen stehen wir bei Bee friendly für einen optimistischen Naturschutz. Naturschutz muss Spaß machen!

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