Biodiversitätskrise: Massensterben mit Folgen
Michael Watson 2
Es gibt ein paar Dinge auf dieser Erde, ohne die wir Menschen nicht leben können. Zum einen brauchen wir natürlich Luft zum Atmen und Wasser zum Trinken. Doch abgesehen von diesen elementaren Grundbausteinen des Lebens liefert uns die Natur noch so viel anderes, was wir Menschen benötigen: Obst, Gemüse, Getreide, Honig, Fisch und Fleisch – also all die LEBENS-mittel, die wir heutzutage im Supermarkt kaufen können. Und wenn wir nicht frieren wollen, dann benötigen wir außerdem noch Baumwolle, Seide und Holz, die uns seit Jahrtausenden Wärme spenden. Letztlich liefert uns die Natur auch Wirkstoffe für Medikamente, die wir benutzen, um Krankheiten zu heilen. So unterschiedlich all diese Naturprodukte sind, eins haben sie gemeinsam: Sie benötigen intakte Ökosysteme, um zu gedeihen.
Biodiversitätskrise: Wieso ist biologische Vielfalt wichtig?
Kurz gefasst: Die Natur liefert uns überlebenswichtige Produkte. Hinter der Produktion stecken wahnsinnig komplexe Prozesse, die wir Menschen zum Großteil noch gar nicht ganz verstehen. Nehmen wir das Beispiel Apfel: Nur weil du einen Apfelkern einpflanzt, heißt das nicht zwangsläufig, dass du nach zehn Jahren Äpfel ernten wirst: Würmer, Bakterien und Pilze sorgen für verbesserte Keimbedingungen im Boden, indem sie beispielsweise Zersetzungsprozesse befeuern oder den Boden auflockern. Ein paar Jahre später benötigt der Apfelbaum wieder Hilfe von anderen, denn ohne die Bestäubung der Blüten durch Wildbienen und Co. kann er keine Früchte ausbilden. Und selbst bei der Fortpflanzung kann der Apfelbaum nicht alleine agieren, denn er benötigt Tiere, die seine Früchte essen, die Apfelkerne schlucken und später im Kot (der übrigens ein hervorragender Dünger ist) ausscheiden. Wie du siehst, wird selbst diese stark vereinfachte Darstellung sehr schnell, sehr kompliziert.
Wir sind uns also einig, dass ein Apfelbaum keine erfolgreiche Apfelernte haben wird, wenn ihm nicht andere Lebewesen dabei helfen. Eine erfolgreiche Ernte hängt von der biologischen Vielfalt ab. Und das gilt nicht nur für Äpfel: 75 Prozent der weltweiten Nahrungsmittelproduktion hängt von der Bestäubung durch Insekten ab. Und diese Insekten wiederum benötigen andere Pflanzen und Bakterien, damit sie weiterhin Blüten bestäuben können. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass wir nicht nur auf bestäubende Insekten angewiesen sind, um unseren Nahrungsbedarf zu decken: Wir sind auf eine hohe Biodiversität angewiesen, wenn wir satt werden wollen.
Warum ist die Artenvielfalt bedroht?
Spätestens seit den 90er-Jahren sind wir uns bewusst, dass wir inmitten einer Biodiversitätskrise stecken. Biologen und Ökologen haben in zahlreichen Studien den rapiden Rückgang von Pflanzen- und Tierarten rund um den Globus dokumentiert. Dieses Massensterben hat vielerlei Gründe: Klimawandel, Umweltverschmutzung und die industrielle Ausbeutung von Böden, Meeren, Pflanzen und Tieren. Auch die Einführung von Tier- und Pflanzenarten (sogenannte Neozoen) in andere Regionen kann dazu führen, dass Ökosysteme durcheinander gebracht werden. Beispielsweise verdrängt der amerikanische Sumpfkrebs in Berlin einheimische Flusskrebse und überträgt tödliche Krankheiten.
Massensterben ist kein neuartiges Phänomen auf der Erde: bereits sechs Mal kam es in der Erdgeschichte zum massenhaften Sterben von Lebewesen. Was die vergangenen Massensterben zum heutigen unterscheiden, ist allerdings der Treiber der Ausrottung. Zum ersten Mal in der Erdgeschichte sind es nicht äußerliche Faktoren, wie Asteroiden oder Vulkanausbrüche, die das Massenausrotten zu verantworten haben. Stattdessen ist es eine einzelne Spezies: der Homo sapiens.
Biodiversitätskrise: Ist sie bedrohlicher als die Klimakrise?
In 2019 haben Wissenschaffende in einem Bericht des IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) geschrieben, dass eine Million Tier- und Pflanzenarten kurz vor der Ausrottung stehen. Wir Menschen brauchen viele dieser Arten, um unsere Nahrungproduktion zu sichern. Trotzdem unternehmen wir zu wenig im Kampf gegen das Massensterben. Diese Biodiversitätskrise bedroht unsere Existenz genauso wie die Klimakrise. Allerdings genießt sie nicht dieselbe mediale Aufmerksamkeit, wie die Klimakrise. Der Verlust an Biodiversität zieht einen Rattenschwanz mit sich, dessen Ausmaß vielen nicht bewusst ist. Die globale Biodiversität muss mehr Beachtung finden und die Erhaltung der biologischen Vielfalt muss unser gemeinsames Ziel werden.
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Kommentar von Brezeli |
Ein sehr guter Beitrag. Wir übersehen die kleinsten und merken es erst wenn auf der Windschutzscheibe keine Insekten mehr sind. Wenn es im Garten nicht mehr summt und brummt. Und bald auch auf dem Teller. Umweltgifte sind leider immer noch ungerächtet
Kommentar von Brezeli |
Ein sehr guter Beitrag. Wir übersehen die kleinsten und merken es erst wenn auf der Windschutzscheibe keine Insekten mehr sind. Wenn es im Garten nicht mehr summt und brummt. Und bald auch auf dem Teller. Umweltgifte sind leider immer noch ungerächtet
Antwort von Michael Watson
Danke!
Je mehr Menschen über die Biodiversitätskrise Bescheid wissen, desto mehr können wir bewirken! Wissen ist Macht :-)